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commUNIQUEwomen Dr. Sonja Lechner

von | commUNIQUEwomen, Kunst

Gedanken, Worte, Blickwinkel, Perspektiven – einnehmen und verändern. Zwischen den Zeilen lesen und über den Tellerrand schauen. Sich selbst treu bleiben und trotzdem flexibel genug sein, neue Wege zu gehen. Das ist die Botschaft des communique Magazins.

Die Reihe commUNIQUEwomen stellt inspirierende Persönlichkeiten aus verschiedensten Branchen vor. Gibt Einblicke und Impulse, darf zum Nachdenken anregen und soll vor allem inspirieren und uns daran erinnern, dass gerade in unserer Vielfalt die ganze Magie ruht.

„Ich bin eine Mischung aus deutscher Zuverlässigkeit und der omnipräsenten finnischen Sehnsucht nach Stille“, Dr. Sonja Lechner

Dr. Sonja Lechner ist Kunsthistorikerin und Geschäftsführerin von Kunstkonnex in München. Sie berät nicht nur Unternehmen hinsichtlich des Aufbaus, der Pflege und Erweiterung von Sammlungen, sondern kuratiert mit Expertise und Feingefühl eigene Ausstellungen – und schafft damit insbesondere eine Bühne für jungen Künstler:innen. Zudem ist sie u.a. für das Kunstkonzept im Hotel Mandarin Oriental in München verantwortlich. Sonja ist eine begnadete Kunstexpertin und eine ebenso brillante Rednerin – sie schafft es, Kunst mit Worten auf eine andere Sphäre zu heben und gleichermaßen zu begeistern und zu inspirieren. Für das communique Magazin spricht Dr. Sonja Lechner mit Julia Heinz über Kunst, die eigene Identität und literarische Parallelwelten – und warum sie bei Entscheidungen definitiv Herz über Kopf stellt.

Es gibt keinen Erfolg ohne Frauen“ – postulierte Kurt Tucholsky bereits Anfang des 21. Jahrhunderts. Stimmst du dem zu und was hat sich seitdem verändert?

Das ist eines der Zitate, welche ich am häufigsten in meinen Vorträgen zitiere: Für mich hat es nichts an seiner Gültigkeit verloren und bleibt dennoch Postulat, weil trotz vielfältiger Verbesserungen Erfolg in wirtschaftlicher Hinsicht noch immer mehrheitlich männlich konnotiert wird.

In vielen deiner großartigen Ansprachen und Reden zitierst du den Satz „we rise by lifting others“ von Robert G. Ingersoll. Die Botschaft gilt universell und geschlechterübergreifend. Was verbindest du mit diesem Satz und warum ist es so wichtig, andere Menschen zu unterstützen?

Ich glaube, dass nur Menschen, die nicht das Leben leben, das Ihnen entspricht, die ihren Weg nicht selbstbestimmt und unabhängig gehen, andere klein machen, um sich selbst Größe zu verleihen. Wenn wir hingegen glücklich sind mit unserem Leben, das wir autark führen, freuen wir uns am Erfolg der anderen und können gönnen: Wir müssen einander hervorheben, auf einander aufmerksam machen, GestalterInnen und MacherInnen miteinander verknüpfen – nur so entstehen neue Synergien. Und nur so kann das toxische Gegeneinander unterbunden werden und der kontraproduktive Vergleich des „Wer ist erfolgreicher, jünger, dünner, schöner?“ endlich ad acta gelegt werden.

Julia Heinz, communique Magazin. Dr. Sonja Lechner

Was schätzt du im täglichen Miteinander? Welche Werte empfindest du als besonders wichtig und welche müssten wir alle mehr leben, um die Welt ein kleines bisschen besser zu machen?

Ich schätze Menschen, die sich nicht in eine private und einen geschäftliche Person aufspalten: Aus meiner Sicht sollte in jeder Lage gelten, das Gegenüber so zu behandeln zu versuchen, wie man selber behandelt werden möchte.

„Wir müssen einander hervorheben, aufeinander aufmerksam machen – nur so entstehen neue Synergien“

Kunst schafft nicht nur einen subtilen Blick von außen auf gesellschaftliche Entwicklungen, sondern konserviert einzigartige Momente für die Ewigkeit – in einer schnelllebigen Zeit ist es wichtiger denn je, den Augenblick bewusst zu genießen, oder?

Ich habe schon immer im Moment gelebt: vita brevis, ars longa. Es ist wunderbar, stets in die vertrauten künstlerischen Artikulationen vergangener Säkula eintauchen zu können und durch zeitgenössische Kunst neue Perspektiven offeriert zu bekommen!

 

 „Definitiv Herz über Kopf“

Welche Momente zelebrierst du ganz bewusst und was gibt dir Energie?

Ich lese – immerzu. Alles, was ich bin, bin ich aufgrund dessen, was ich las – jederzeit in literarische Parallelwelten entfleuchen zu können, empfinde ich als ebenso energiespendend wie lebenserhaltend!

Triffst du Entscheidungen eher intuitiv oder entscheidet immer der Kopf?

Definitiv Herz über Kopf nachdem einige Entscheidungen der Ratio gegen das Bauchgefühl sich im Nachgang als falsch herausstellten …

Julia Heinz communique Magazin, Dr. Sonja Lechner

Welche Botschaft/Message würdest deinem jüngeren Ich mit auf den Weg geben?

Ich würde mir raten, meiner Nettigkeit früher Grenzen gesetzt zu haben und diese nur noch gegenüber Menschen walten zu lassen, die Großherzigkeit nicht ausnützen.

Welche Person findest du absolut einzigartig und warum?

Mein Vater war ein wundervoller Mensch, der mir vorlebte, was einzig zählt: Herzensbildung gepaart mit Eigenverantwortung. Er lebte mir vor, jedem Menschen erst einmal mit offenen Armen zu begegnen, und die Welt im eigenen Bereich mitzugestalten: das, was möglich ist, anzupacken, und nicht darauf zu warten, dass andere dies erledigen.

Welchen Stellenwert hat Einzigartigkeit in einer Welt voller Kopien?

Jeder Mensch ist einzigartig: Ich freue mich sehr, dass nun endlich das Primat der konformen Makellosigkeit im Stürzen begriffen ist, und wir jede Person dafür feiern, was sie jeweils unikär macht.

Du bist Halb-Finnin – wie wichtig ist die Herkunft für die eigene Identität?

Mit zwei Sprachen und zwei Kulturen aufgewachsen zu sein, ist ein nachhaltiges Geschenk: Mir hat es das Interesse an Vielfalt mit auf den Weg gegeben, das Bewusstsein dafür, dass es nicht nur das Eine, das Vertraute, gibt. Und ganz speziell bin ich eine Mischung aus deutscher Zuverlässigkeit und Wohlgeordnetheit im Beruflichen und der omnipräsenten Sehnsucht nach der Stille und Einsamkeit der finnischen Landschaft im Privaten.

Liebe Sonja, herzlichen Dank für das schöne Gespräch. 

Dr. Sonja Lechner, Kunstkonnex Artconsulting

 

Bildnachweis: Header Jacky Vifer, Porträts Sung-Hee Seewald for Setery.